Geschichte
Die „Gut-Hirt-Laienspielgruppe“ plant zur Eröffnung des Burgbachkellers eine Inszenierung von „Wilhelm Tell“. Carl, Tell-Darsteller, ist aber im richtigen Leben alles andere als ein Freiheitskämpfer und versucht jede kritische Haltung vom Ensemble im Ansatz zu unterbinden. Denn die Eröffnungs-Premiere vor Prominenz aus Politik und Wirtschaft soll reibungslos und zur allgemeinen Erbauung über die neuen Bühnen-Bretter gehen.
Allerdings gibt es im Ensemble nicht nur «skandalöse» Liebschaften, sondern zum Teil auch noch sehr freie Ansichten über Gesellschaft und Moral. Trotz den Kämpfen im Ensemble, das in verschiedene Fraktionen gespalten wird, kommt es dann doch noch zu einer Aufführung. Die Premiere allerdings wird massiv gestört und endet in einem Desaster.
Thema:
Die Jahre 1968 und folgende sind Jahre des Aufbruchs aus gesellschaftlicher Enge und Erstarrung. Vieles wurde plötzlich nicht mehr hingenommen, Protest gegen etablierte Formen und Haltungen wurde in kreativer, vielfältiger Weise durchgeführt. Dies war, wie vielleicht nie davor und danach mit grossen Hoffnungen auf Veränderung verbunden. Es schien für kurze Zeit alles möglich.
In Zug, wie fast überall in der Provinz, gab es im Jahre 1968 keine grossen, bekannten Aktionen. Aber nach 1968 begann sich vieles zu verändern, auch durch hartnäckigen Widerstand und vielfältige Aktionen einzelner Personen. Die Bedingungen für den Aufbruch und die kreative Kraft von Aktionen nachzuzeichnen, ist für ein Theaterstück eine dramatisch und ästhetisch spannende Möglichkeit. Dabei geht es nicht um eine kritiklose Darstellung der 68-er Bewegung, deren Naivität einerseits beachtlich war, und deren Radikalität zu den bekannten terroristischen Auswüchsen führte.
Das Stück zeigt nicht allein historische Bezüge auf. Viel Kritik der 68-er Revoltierenden bezieht sich auch auf nach wie vor sehr aktuelle Themen. Die Kritik am ungezügelten Konsum etwa, die Ausbeutung der Dritten Welt und auch die Situation von Mietern sind Inhalte von Protesten der damaligen Zeit. Und natürlich auch immer wieder das «Schweigen» und die «Gleichgültigkeit» der Mehrheit der Bevölkerung.
„Willhelm Tell“ und der Wiederstand; die Zuschauer sehen Darsteller, die in ihren eigenen Geschichten gefangen sind, und befassen sich so mit dem Aufstand in Schillers Drama. Die Begebenheiten aus dem Gründungsmythos der Schweiz werden so immer wieder ironisch reflektiert.
Vorgehen:
Die fiktive Geschichte von «Tell im Keller» spielt vor einem realen, historischen Hintergrund und zeigt die politischen und privaten Spannungsfelder jener Zeit auf. Detailliertes Wissen über reale Begebenheiten und gesellschaftliche Hintergründe waren uns dabei wichtig. Aus diesem Grund wurden zahlreiche Zeitzeugen und Historiker mit Verbindung zu Zug interviewt und in Archiven und Bibliotheken recherchiert.